OMG… ist das hier laut.
Viel zu viele Eindrücke, warum rede ich so schnell und vor allem warum so viel? Der alltägliche Wahnsinn hat mich wieder und mir fällt auf, wie mein Leben „normalerweise“ aussieht.
„Erzähl doch mal, wie´s war“ fragt mich meine Freundin und ich weiß nichts zu sagen, außer: ich habe viel gesessen und ich war still … drei Tage lang.
Wie es dazu kam: Anfang des Jahres habe ich den Entschluss gefasst, dass ich mal aussteigen muss und ganz für mich sein. Am liebsten hätte ich einen vipassana-Kurs (10 Tage) gebucht. Aber 10 Tage sitzen? Bin ich überhaupt in der Lage tagelang zu sitzen und still zu sein?
In meinem Alltag kommt Meditation – wenn überhaupt nur sehr punktuell vor und „still sein“ gehört auch nicht unbedingt zu meinem Leben. Ich bin eher ziemlich umtriebig und zum Leidwesen meines Mannes sitze ich auch nicht gerne lange. Weder beim Essen noch einfach so. Sein Standard-Spruch über mich ist: Na, wieder auf der Flucht?
Und überhaupt: als Mutter, Coach, Hundebesitzerin und Ehefrau, einfach mal aus meinem Leben aussteigen und für mich alleine sein, das muss organisiert werden.
Also habe ich beschlossen, ich fang mal mit einem drei Tages-Kurs an (Einführung in die Kontemplation) und probiere aus, wie es mir mit der Stille und dem Sitzen geht. Ohne Handy, ohne Internet, ohne die sonst üblichen Ablenkungen.
Vom Benediktushof, dem Zentrum für Meditation und Achtsamkeit, gegründet von Willigis Jäger, hatte ich schon einiges gehört und mir hat gefallen, dass es sich um einen Ort handelt, der eine Brücke zwischen östlicher und westlicher Meditationsform schlägt und sich als Stätte der Integration aller Weltreligionen versteht. Da ich selbst aus der Kirche ausgetreten bin, war es mir wichtig, an einen weltoffenen Ort zu gehen, in dem ich nicht indoktriniert werde.
Im Vorfeld bekam ich einen Zettel mit dem Hinweis, keine auffällige Kleidung oder Schmuck zu tragen, kein Parfum zu benutzen (welch eine gute Idee), Hausschuhe und einen Wecker mitzubringen und was man noch so für seinen Aufenthalt benötigt.
Es wurde darauf hingewiesen, dass eine der Voraussetzungen zur Teilnahme am Kurs eine Stunde Mitarbeit im Haus beinhaltet und zur täglichen Praxis gehört. Auf meinem Weg ins Zentrum dachte ich nur: bitte nicht die Toiletten putzen, gerne Küchenarbeit oder Gartenarbeit, aber nicht die Toiletten. Angekommen und auf die Liste schauen, in die man sich zur Mitarbeit einträgt, was war das Einzige was noch übrig war: klar, oder? Heißt es nicht immer, pass auf Deine Gedanken auf, sie könnten Wirklichkeit werden :) *.
Ja und dann ging es los mit einer Einführung über die Regeln des Hauses und mit einem gemeinsamen Abendessen, dem ersten, das ich in völliger Stille verbracht habe. Im Anschluss ging es dann in den wunderschönen Seminarraum auf dem jeder seinen festgelegten Platz hatte und wir begannen mit dem, was die nächsten drei Tage mein Leben strukturierte.
Die Kursbeschreibung war:
„Kontemplation ist Einübung in den Augenblick, in die Gegenwärtigkeit des Lebens. Es geht um eine tiefe Seinserfahrung, die das Rationale und Personale übersteigt. Zentrales Element der Kontemplation ist das Sitzen in Stille, wie es in der christlichen Mystik durch die Jahrhunderte praktiziert wurde. Dazu kommen achtsames Gehen, begleitende Einzelgespräche, Tönen und Rezitation spiritueller Texte“.
In meinen Worten würde ich sagen: wir waren still und haben gesessen und sind gegangen. Der Tag fing um 5.45 Uhr an und endete mit einem Abendritual gegen 21.00 Uhr.
Und es war großartig: Die Vorträge von F. Braun waren das, was ich mir von der heutigen Kirche wünschen würde. Gedanken zu Fragen des Lebens, von jemanden vorgetragen, der sich wirklich mit diesen Fragen auseinandergesetzt hat und bei dem es Freude macht, zuzuhören.
Ans Sitzen musste ich mich tatsächlich gewöhnen, aber je länger ich gesessen habe, desto einfacher ging es. Die klare Strukturierung der Tage war wohltuend, und ich habe für mich gelernt, wie angenehm es sein kann, nichts zu tun und nichts anderes zu wollen als in Stille zu sitzen. In Verbindung mit der ständigen Praxis der Achtsamkeit und den interessanten Vorträgen ist es mir gelungen, in nur drei Tagen völlig zur Ruhe zu kommen.
Und mir ist klar: das will ich wieder und dann sicherlich gerne mehr als 3 Tage.
Und meine Learnings aus den drei Tagen:
Stille tut gut. Um das in meinem Alltag zu integrieren ist es hilfreich, Inseln der Ruhe für mich zu schaffen. Für Anfänger werden 15-20 Minuten Sitzen und Stille empfohlen, ich bin gespannt ob und wie ich das in meinen Tag etablieren kann.
Obwohl ich täglich sowohl mit meinen Kunden wie auch mit meinen Hunden im Wald bin, habe ich den Eindruck, dass der Rest meines Lebens nicht in einer guten Balance ist. Oft bin ich so reizüberflutet, dass ich gar nicht mehr wahrnehme, wie viele Außeneinflüsse auf mich einströmen. Es gibt von allem zu viel. Um meine Balance herzustellen und zu behalten, muss ich aktiv für Ruhe in meinem Leben sorgen.
Weniger ist mehr. Das Wenige, wenn es mit Liebe gestaltet ist, tut der Seele und dem Körper gut. So sind das Essen und auch die Zimmer im Benediktushof einfach und gut.
Ordnung tut der Seele gut. Im Seminarraum hatte jeder seinen festgelegten Platz mit Meditationsmatte, Kissen und Decke. Wir wurden angehalten, nach jedem Sitzen unseren Platz wieder aufzuräumen, so dass zu jedem Zeitpunkt der Raum Ruhe und Aufgeräumtheit ausstrahlte. Und das war wohltuend und förderte die Achtsamheit und Konzentration.
*Toiletten putzen ist gar nicht so schlimm. Schwieriger fand ich die Achtsamkeit aufrechtzuerhalten und nicht in meine Putzroutine zu verfallen, die meist das Ziel hat: „schnell mal was sauberzumachen“. :)
Mein Ansatz „Coaching in Bewegung“ ist goldrichtig. Es ist so leicht in der Natur in die Stille zu kommen. Wenn wir uns in der Natur aufhalten tut es gut uns zu erinnern, dass wir Teil der Natur sind und das auch mit allen Sinnen wahrzunehmen.
Je leistungsorientierter wir sind, desto wichtiger ist es als Ausgleich in die Ruhe zu kommen, zu spüren, was uns wirklich bewegt. Vielleicht werde ich in Zukunft noch mehr Momente der Stille und Achtsamkeit in mein Coaching integrieren als ich es bisher schon getan habe.
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